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Über 12 000 Arbeitsstunden geleistet
Die Schorndorfer DRK-Kleiderkammer versorgt Flüchtlinge im Remstal und im Welzheimer Wald mit Kleidung
Sie arbeiten oft den ganzen Nachmittag hindurch und haben vorher schon einen ganz normalen Arbeitstag in ihrem Beruf hinter sich. Die Ehrenamtlichen der Schorndorfer DRK-Kleiderkammer arbeiten, arbeiten und arbeiten. Pausen sind wenig drin, schließlich müssen sie Flüchtlinge im Remstal und Welzheimer Wald mit Kleidung versorgen. Das schlaucht.
Ein Berg aus blickdichten Säcken stehen im Eingangsbereich der Schorndorfer Kleiderkammer an der Lortzingstraße. Blaue Folie. Mannhoch. Drinnen Kleidung, die für Flüchtlinge gespendet wurde. Vermutlich. Meistens ist das auch so. Aber manchmal auch nicht. Manchmal ist Müll drinnen. Verdreckte Wäsche. Manchmal ist es ein feiger Angriff Rechter, die die Hilfsbereitschaft der Ehrenamtlichen dämmen wollen, die die Willkommenskultur zerstören wollen. So mancher hat sich schon vertreiben lassen. Aber viele auch nicht, helfen weiter.
Gut so, denn es kommen weiterhin Unmengen von Kleidungsstücken, die sortiert werden müssen und immer mehr Menschen, die eingekleidet werden müssen. Pro Person eine Winterjacke, ein Paar Schuhe, zwei T-Shirt, zwei Hosen und zwei Pullover. Fahrer des DRK holen die Bewohner der Flüchtlingsunterkünfte ab. Dann haben sie 20 Minuten Zeit, um sich die Kleidungsstücke auszusuchen. Dann kommt die nächste Gruppe an. So geht es von früh bis spät. Oft wanken die Ehrenamtlichen spät abends von ihrem Einsatz heraus.
Schorndorfs DRK-Bereitschaftsleiter Sepp Herbert ist beeindruckt von dem Arbeitseifer der Ehrenamtlichen. Mancher geht beinahe über seine Kräfte hinaus. Immerhin sind die üblichen DRK-Aufgaben auch zu leisten. Erste-Hilfe-Ausbildungen, Einsätze bei diversen Veranstaltungen, Übungsleiter für Sportveranstaltungen und die interne Vereinsarbeit fordern auch mehrere Tausend Arbeitsstunden pro Jahr.
Neue Helfer sind deshalb immer willkommen. Rund 600 Ehrenamtliche haben in der Kleiderkammer schon geholfen, viele nur wenige Male, einige sind auch nur einmal gekommen, um sich ein Bild zu machen. "Viele Helfer kommen aus der Waiblinger Gegend oder aus Weinstadt", weiß Sepp Herbert. Aus der Schorndorfer Kernstadt kämen vergleichsweise wenige. Trotzdem: "Seit Anfang August haben wir knapp 12 000 Arbeitsstunden geleistet", hat Herbert ausgerechnet. Hervorzuheben wegen ihrer bis hierher jeweils mehr als eintausend Arbeitsstunden in der Kleiderkammer seien Birgit Kralisch, Achim Fische und Jens Herbert. Auch Sepp Herbert selbst hat in einem solchen Stundensatz für die Kleiderkammer gebuckelt, seit die im August 2015 durch die Initiative "Schorndorf hilft" und ihre Spendenaufrufe so richtig Fahrt aufgenommen hat.
Erst wird gearbeitet, dann freiwillig gebuckelt
Birgit Kralisch wetzt an diesem Freitagnachmittag von einem Eck zu anderen. Sie koordiniert die gesamten Ehrenamtlichen. Wenn sie zum DRK-Einsatz aufschlägt, hat sie schon einen Acht-Stunden-Job hinter sich gebracht. Danach ist sie täglich bis 20 oder 21 Uhr da. Sie hilft die Kleidung aus den Säcken und andere Sachspenden zu sortieren sowie Flüchtlinge einzukleiden. An diesem Tag kümmert sie sich um die Kinder. Kommen zwei Mütter mit ihren Schützlingen durch die Türe. Auf Englisch bittet sie die Frauen in eine extra Kleiderkammer. Hier sind die Kindersachen aufbewahrt. Erstmal Größe rausfinden, im Nacken nach dem Größenschild suchen. Dann verschwindet sie zwischen den Regalen, bringt Kleiderstapel um Kleiderstapel an. Manches gefällt, vieles nicht. Trotzdem - am Ende haben die Kinder Winterklamotten. Füße warm. Auftrag erfüllt.
Weiter geht's in der Kleiderkammer für Erwachsene. An Biggi, wie die Koordinatorin von allen genannt wird, hat immer jemand eine Frage. Dann braucht's neue Kisten zum Sortieren eine Absprache mit den Fahrer, dann bimmelt das Handy. Nut sonntags ist inzwischen Ruhe. Das war aber auch nicht immer so. Ist aber für die Ehrenamtlichen dringend nötig.
Zwischen den Tischen mit den Kleidern stehen Anke und Jule Sibler aus Remshalden-Geradstetten. Mutter und Tochter haben weit mehr als 500 Stunden bei der Einkleidung der Flüchtlinge im DRK-Haus in Schorndorf geholfen, die Fahrzeit nicht mit berechnet. Jule, die eine Ausbildung Erzieherin macht, hat ein kleines Baby mit großen Kulleraugen auf dem Arm. Dessen Eltern stöbern durch die Kleiderberge, suchen Jeans und warme Pullover. Anke Sibler hilft bei der Größenwahl.
Warum sie das machen? "Weil hier so viel Arbeit ist", erklärt sie grinsend. Aber im Ernst. Sie hatte über einen Facebookaufruf von der Not der ehrenamtlichen Mitarbeitern erfahren. Da in ihre Remshaldener Nachbarschaft auf Flüchtlinge ziehen sollen, fühlt sie sich motiviert, beim DRK zu helfen. Vormittags arbeitet sie im Betrieb ihres Mannes mit. Nachmittags ist das Mutter-Tochter-Gespann in der Kleiderkammer. "Natürlich leidet das Privatleben ein wenig." Weihnachtskarten hat die Familie zuletzt nicht verschickt. Das erste Mal seit vielen Jahren, Aber, so findet Anke Sibler, jetzt ist eben anderes wichtiger.
Sozialarbeiter Nabil El Tolony ist dankbar für das Engagement des DRK. Er ist der zuständige Sozialarbeiter des Landratsamtes, der sich seit Jahren um die Flüchtlingsunterbringung und -betreuung in Schorndorf kümmert. Ohne die Hilfe der Ehrenamtlichen würde auch seine professionelle Arbeit mit den Flüchtlingen nicht halb so gut funktionieren. "Der Einsatz der Helfer ist vorbildlich", lobt er.
In den Unmengen an Spenden, die durch die Kleiderklappe in dem Gebäude an der Lortzingstraße ankommen, ist nicht nur Brauchbares zu finden. Bislang fielen schon zehn Container Müll an - Hausmüll und Gebrauchsgegenstände, die man nicht mehr gebrauchen kann, haben sich darunter befunden. Auch Kleidungsstücke, die nur noch zum Schreddern geeignet sind und zu Malervlies verarbeitet werden, sind reichlich zu finden. Immerhin sollen die Flüchtlinge hier so eingekleidet werden, dass sie sich auch auf die Straße trauen. Topmodisch muss die Kleidung nicht sein, aber in abgetragenen Kumpen soll sich auch keiner kleiden müssen.
Ehrenamt hin oder her. Das Engagement kostet das DRK bares Geld. "Wir müssen die Abfallcontainer bereitstellen, Fahrkosten aufbringen, die Ehrenamtlichen versorgen." Nach vier Stunden muss jeder Helfer verpflegt werden, erklärt Sepp Herbert. Und das kostet auch. Wenn die rund 15 täglichen Helfer, darunter auch Fahrdienstler, sich darum auch noch kümmern müssten, würde die Hilfsbereitschaft in jeden Fall schrumpfen, da ist sich der erfahrene DRKler sich. Rund 10 000 Euro sind es bestimmt, die das DRK bereitgestellt hat.